Klimagarten Schwerte
In Schwerte-Wandhof soll ein Klimagarten entstehen, der die Themenkomplexe Klimaschutz, Klimaanpassung und Biodiversitäten umfasst.
Das Konzept setzt auf Umweltbildung durch niederschwellige und praktische Erfahrbarkeit klimarelevanter Themen. In einem Beteiligungsprozess mit insgesamt sechs Veranstaltungen konnten die Schwerter Bürger:innen Ihre Ideen und Anliegen einbringen, die in ein Nutzungskonzept und die Planung einflossen.
Der Klimagarten hat einen gärtnerischen Anspruch, soll die Nutzer:innen inspirieren und einen kommunikativen Austausch ermöglichen, berücksichtigt jedoch die Besonderheiten des Ortes und eine notwendige Flexibilität, die der Klimawandel vorgibt. Hierfür wird das Konzept des (Nutz-) Gartens hinterfragt und neuinterpretiert.
Das Projekt ist auf der Ebene „Unsere Gärten“ Teil der internationalen Gartenausstellung Metropole Ruhr 2027.
Das Plangebiet besteht im Bestand aus vier verschiedenen Raumtypen mit unterschiedlichen Qualitäten. Die „Kulturlandschaft“ eine Streuobstwiese, die ehemals landwirtschaftlich genutzte „offene Wiese“, der „Babywald“ indem zwischen 2003-2009 Bäume für Neugeborene angepflanzt wurden sowie die „Landschaft“ einem geschützten Landschaftsbestandteil der dicht bewachsen ist. Der Übergang vom „Babywald“ in die „Landschaft“ wird durch eine Hangkante, die einen Höhenunterschied bis zu 6 Metern überwindet, markiert.
Um zu gewährleisten, dass der Klimagarten Schwerte auf zukünftige Parameter wie veränderte Rahmenbedingungen des Klimas oder veränderte Ansprüche an die Nutzung etc. reagieren kann, wird ein Raumgerüst geschaffen, welches mit Hilfe dreier unterschiedlicher Strukturen die notwendigen nachhaltigen Parameter festlegt, aber darüber hinaus auch die Erlebbarkeit des Ortes in den Vordergrund rückt, und die Möglichkeit offenbart anhand von anpassungsfähigen Nutzungselementen auf Veränderungen einzugehen.
Konstante Strukturen als starkes Gerüst
Eine solide Wegestruktur, die alle Flächen miteinander verknüpft, klar definierte Eingangsbereiche markiert und einen Rundweg generiert, bildet gemeinsam mit einem multifunktionalen Pavillon (Klimapavillon) und Aufenthaltsflächen an Wegrändern das Grundgerüst des Klimagartens. Highlight der konstanten Struktur ist die neue „Ruhrloge“ als besonderer Aufenthaltsbereich und Aussichtspunkt. Direkt an der Hangkante, jedoch außerhalb des geschützten Landschaftsbestandteils verortet, wird hier das besondere Mikroklima des Ortes erlebbar und der Blick in die 6 Meter tiefer gelegene Ruhrtalaue ermöglicht.
Erlebbare Strukturen erzählen eine Geschichte
Die Hauptwegstruktur wird durch einen Erlebnispfad ergänzt. Der Erlebnispfad greift die Besonderheiten der Raumgefüge und die Qualitäten der Raumtypen auf und verstärkt sie. Aus der „Kulturlandschaft“ wird „der wilde Obsthain“ der über ein Licht- und Schattenspiel ein atmosphärisches Highlight darstellt und die Energie der Erde über den Fruchtansatz der Obstbäume ablesbar macht. Die offene Wiese wird die „Lebendige Mitte“ des Klimagartens, auf der man die Exposition und auch die dadurch hervorgerufene Hitze auf dem Erlebnispfad spüren kann. Im Babywald wird die Dynamik der Zeit und die Aspekte des Niederschlages thematisiert und auf den „Wald der Zukunft“ übertragen.
Ziel ist es, nicht nur die bereits vorhandenen klimatischen Unterschiede der Freiräume aktiv zu erleben, sondern darüber hinaus mit Hilfe verschiedener Interventionen und Erlebniselemente die Besonderheiten der Orte zu akzentuieren und hier Umweltbildung theoretisch und praktisch vermittelt wird
Temporäre Strukturen bringen den Garten zum Leben
Durch temporäre Strukturen wird gewährleistet, dass es Orte für temporäre Interventionen und Nutzungsstrukturen gibt, die sich quartalsweise oder auch jährlich ablösen. Im Idealfall etablieren sich Flächen und erhalten damit eine andauernde Legitimation. Als Fassung der temporären Strukturen dienen die konstanten Strukturen.
Unterschiedlich gärtnerisch gestaltete Flächen bilden das Highlight der temporären Strukturen. Die Inspirations-, Kreislauf-, Biodiversitäts- und Essbaren-Gärten werden so angelegt, dass diese in verschiedenen Zyklen neu bespielt werden können, oder aber auch komplett rückgebaut werden können, ohne dabei das Raumgefüge des Klimagartens zu beeinträchtigen.
Ergänz werden die Gärten durch „White Spots“, die eine spätere Besetzung mit weiteren Nutzungen freihalten.

„Wilder Obsthain“
Im „Wilden Obsthain“ werden geringe Eingriffe vorgenommen. Um die Qualität der „Unberührtheit“ zu unterstreichen, führt hier der Erlebnispfad als Steganlage durch die Streuobstwiese und schlägt den Nutzer:innen dabei ein gezieltes Betreten des Bereiches vor. Es werden Sitzmöglichkeiten sowie bewusste Schritte auf die Fläche verortet. Als Erlebniselemente wird neben „Baumwurzeln“, die das Thema „Energie der Erde“ aufgreifen auch ein drehbares Lichtspiel installiert, das einen Bezug zum Thema „Licht und Schatten“ herstellt. Am Hauptweg angegliedert, wird dem Imkerverein Schwerte eine Fläche zur Verfügung gestellt auf der im Austausch mit Parkbesuchern die Relevanz von Bienen für das Ökosystem aufgezeigt werden soll.
„Lebendige Mitte“
Die Lebendige Mitte erfährt eine umfassende Aufwertung. Eine neue Wegestruktur wird als Rundweg angelegt, am „Flimmerteller“ und „Hitzesofa“ kann der Einfluss von Strahlung unmittelbar erlebt werden und „Energieräder“ vermitteln spielerisch das Erlebnis von Wind und dessen Nutzung als Energieträger.
Drei der vier Themengärten befinden sich ebenfalls in diesem Teilbereich: In den Essbaren Gärten wird die Anpflanzung von zukunftsfähigen essbaren Pflanzen und Früchten ermöglicht. In den Inspirationsgärten finden die Nutzer*innen Vegetationsbeispiele für eine klimaresiliente Bepflanzung des Vorgartens, des Hausgartens, für vertikale Begrünungen aber auch für die Bepflanzung von Dachgärten. Der Kreislaufgarten informiert Interessierte über Stoffkreisläufe, beispielsweise zum Thema Stickstoff und weist auf die Prinzipien der Sukzession hin. Die Gärten sind dabei größtenteils flexibel gehalten, sodass je nach Nachfrage mit einer Umgestaltung ein passendes Angebot geschaffen werden kann.
Herzstück der lebendigen Mitte bildet der multifunktionale Klimapavillon mit dem angrenzenden grünen Klassenzimmer: Der Pavillon dient dabei als Aufenthaltsort und kann für Veranstaltungen und Aktionen genutzt werden. Hier können sowohl Schulklassen Unterricht stattfinden lassen, Fachvorträge gehalten werden, Honig der Bienen des Lehrbienenstands geschleudert werden, als auch die integrierte, von außen zugängliche WC-Anlage genutzt werden.
Das angrenzende grüne Klassenzimmer soll die Synergien zum Pavillon nutzen und ermöglicht Vorträge sowie Unterricht im Freien, sowie eine Steigerung der grundsätzlichen Aufenthaltsqualität.
„Wald der Zukunft“.
Analog zum „Wilden Obsthain“ werden im „Wald der Zukunft“ geringere Eingriffe vorgenommen. Der jetzige „Babywald“ wird sich jährlich verändern und aufgrund der Dichte und Diversität der Bäume ist die Erlebbarkeit der Zeit im besonderen Maße gegeben. Damit diese Erlebbarkeit schon jetzt ermöglicht werden kann, ist es möglich durch die Erklimmung von „Jahresstufen“, deren Stufenhöhe den Jahreszuwachs des dahinterstehenden Baumes abbildet, in einem Zerrspiegel, das gewachsene Zukunftsbild des Baumes vorherzusehen.
Im südlichen Teil wird der Biodiversitätsgarten verortet. Dieser befasst sich nicht nur mit der Flora, sondern weist auch auf die Einbindung der Fauna hin, indem bspw. über insektenfreundliche Pflanzen, die Bereithaltung von Nistmaterial für Vögel, oder aber die Integration von Lebensräumen (Steinhabitate) ein vielfältiges Angebot geschaffen wird.
Ruhrtalaue
In dem geschützten Landschaftsbestandteil werden keine bzw. maximal geringfügige Veränderungen vorgenommen, da dieser Bereich besonders schutzwürdig ist. Jegliches Vorgehen wird an dieser Stelle in enger Abstimmung mit den verantwortlichen Fachämtern vorgenommen. Im Böschungsbereich der Ruhr ist derzeit eine Freitreppe aus ortstypischen Natursteinmaterialien, das sogenannte „blaue Klassenzimmer“ geplant, welches die Ruhr unmittelbar erlebbar macht und die Potenziale der Umweltbildung an einem Fließgewässer nutzt.
Material- Ausstattungs- und Vegetationskonzept
Beim Material- und Ausstattungskonzept wurden verschiedene Parameter wie zum Beispiel die CO2-Bilanz, die Wärmespeicherkapazität, Aspekte der Kreislaufwirtschaft, die Langlebigkeit und die unmittelbar spürbaren Wirkungen des Albedo-Effekts, sichtbar und erlebbar gemacht.
In den konstanten und erlebbaren Strukturen wurden die Materialien mit besonderem Fokus auf die Langlebigkeit ausgewählt und Aspekte der Pflege und Wartung in der Nutzungsphase berücksichtigt, um die dortigen Aufwendungen möglichst zu reduzieren. Bei den temporären Strukturen wurden vorwiegend solche Materialien gewählt, die Wiederverwendbar sind oder dem Stoffkreislauf zurückgeführt werden können. Dadurch wird den Nutzer:innen ein Designansatz zum Umgang mit bereits genutzten Materialien nähergebracht.
Im gesamten Areal wird Wert auf einen geschlossenen Wasserkreislauf gelegt. Das anfallende Niederschlagswasser wird dezentral versickert und somit den Pflanzen zur Verfügung gestellt.
Am Klimapavillon wird darüber hinaus eine innovative, technische Lösung präsentiert, welche es ermöglicht, Bäumen auf stark versiegelten Flächen einen idealen Standort mit ausreichend Wurzelraum und Wasserverfügbarkeit zu bieten.
Bei der Auswahl der geplanten Bäume wird vor allem auf Klimabaumarten zurückgegriffen. Die Wiesenflächen am Eingang und im Rahmenbereich der Lebendigen Mitte werden u.a. mit Mischungen für Feldblumen und Blütenwiesen versehen.
Juli 2023
„Flexibel und mutifunktional“
Mai 2023
„Stadt als Gemeinschaftsgarten?“